Bereits in Ausgabe 09/04 haben wir die Voraussetzungen für einen weiter anhaltenden Aufwärtstrend des Goldpreises ausführlich beschrieben. Die wichtigsten Stützen des Trends sind die zunehmende Verschuldung der Haushalte, hier vor allem das Zwillingsdefizit in den USA, die unerfüllbaren Versprechen der Versicherungen, hier vor allem der japanischen Versicherungen und die Demontage der Sozialsysteme. Der Einbruch der japanischen Bank- und Versicherungsaktien am Montag, den 10.05.04 um teilweise über 10 % haben eindrucksvoll die Anfälligkeit der weltweiten Finanzmärkte bei nur geringsten Zinserhöhungen demonstriert. Nicht weniger eindrucksvoll waren die Vorschläge von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, den Sparerfreibetrag zu streichen, und von Finanzminister Eichel, die Mehrwertsteuer um 5 %-Punkte auf 21 % zu erhöhen. Die Vorschläge sind der verzweifelte und aussichtslose Versuch, die Zinslast für die Verschuldung ohne Abstriche bedienen und gleichzeitig die zusammenbrechenden Sozialsysteme erhalten zu wollen.

In Ausgabe 09/04 haben wir die Entwicklung seit Januar 2004 als Korrektur bezeichnet. Die aktuelle Entwicklung geht bei einigen Goldminenaktien aber bereits über das Maß einer normalen Korrektur hinaus, so daß die Gefahr besteht, daß der Goldmarkt noch eine längere Zeit konsolidiert. Von den folgenden Überlegungen bleibt unsere Grundüberzeugung, daß sich der Goldmarkt in einem länger anhaltenden Aufwärtstrend befindet, unberührt.

Um die Goldpreisentwicklung verstehen zu können, muß man sich immer wieder bewußt machen, daß der Goldmarkt hochgradig manipuliert wird. Es kann davon ausgegangen werden, daß internationale Investmentbanken Shortpositionen von etwa 10.000 t Gold aufgebaut haben, deren Eindeckung nach einem Goldpreisanstieg von nur 100 $/oz zu Verlusten von 32,2 Mrd $ führt, was die Existenz einiger Investmentbanken gefährden dürfte. Es gibt daher ein Interesse der Investmentbanken, den Goldpreis nach unten zu manipulieren. Es konnte nachgewiesen werden, daß die Federal Reserve an der Manipulation des Goldpreises beteiligt ist. Die Manipulation des Goldpreises ist auch ohne weitere Beweise für jeden ersichtlich, der sich den Chartverlauf im 24-Stundenrhythmus betrachtet. Die Eingriffe in den Markt können regelmäßig zum Beginn des New Yorker Handels beobachtet werden (s. http://www.kitco.com/charts/livegold.html).

Auch die beste Manipulation kann die Marktverhältnisse nicht außer Kraft setzen. Für eine Goldpreismanipulation, die zu einem fallenden Goldpreis in einem Markt führt, in dem die Nachfrage größer ist als das Angebot, müssen zunehmend größere Goldmengen eingesetzt werden. Seit etwa 1988 wurden zu dieser Manipulation etwa 10.000 t Gold von den Zentralbanken ausgeliehen und am Markt verkauft. Dabei gibt es nur bruchstückhafte Veröffentlichungen darüber, von welchen Zentralbanken das Gold abgezogen wurde, da das verliehene Gold in den offiziellen Statistiken weiterhin als Zentralbankbestand ausgewiesen wird. Weiterhin wurden Teile der Zentralbankbestände, vor allem der Niederlande, Belgiens, der Schweiz und Großbritanniens verkauft. Im Zentrum der Goldpreismanipulation durch die Zentralbankverleihungen steht die Bank of England. Praktisch alle Quellen bestätigen, daß wahrscheinlich nahezu alle Goldverleihungen über die Bank of England abgewickelt werden.

Wir haben bereits am 17.03.04 als einziger Kommentator auf den vielleicht wichtigsten Punkt des verlängerten Washington Agreement on Gold (WAG) hingewiesen, nämlich daß die Bank of England die Verlängerung des Abkommens nicht unterzeichnet hat und daß sich dadurch für die Bank of England die Möglichkeit eröffnet, durch Verleihung des Goldes anderer Zentralbanken, den Goldpreis erneut zu destabilisieren (vgl. Ausgabe 06/04).
Mit einigem Erstaunen haben wir die Entwicklung des Veneroso Gold Zertifikates (WKN 321 605) verfolgt. Das Zertifikat sollte laut Prospekt durch Investitionen in kleine Goldwerte, Privatplazierungen und Optionen von einem Goldpreisanstieg überdurchschnittlich profitieren. Es hätte daher eine im Trend liegende schwächere Entwicklung des Zertifikates erwartet werden können. Im Gegensatz zu dieser Erwartung notiert das Zertifikat jedoch im Gewinn, was auf den Kauf von Puts auf den Gold Bugs Index und den Aufbau von Shortpositionen in Coeur d'Alene, Hecla, Apex und Agnico Eagle zurückzuführen ist. Die Anlagestrategie steht komplett im Widerspruch zur Argumentation im Verkaufsprospekt. Frank Veneroso ist weltweit der wohl beste Kenner der Zentralbankszene und deren Verhalten bei Goldverleih- und Goldverkaufsgeschäften. Frank Veneroso gründete 1991 gemeinsam mit der IFC (einer Tochter der Weltbank) und Rothschild den Emerging Markets Gold Funds. Seit 2001 ist er Mitglied im Beraterstab der Allianz Dresdner (vgl. Ausgabe 24/03).

Wir fassen zusammen:

1.Die Verlängerung des Washington Agreements on Gold (WAG) vom 08.03.04 wird von der Bank of England nicht unterzeichnet, was die Manipulationsmöglichkeit des Goldpreises durch Goldverleihungen wieder eröffnet.

2.Am 14.04.04 gibt N.M. Rothschild das Londoner Goldfixing auf, das sie seit 1919 geleitet hat.

3.Frank Veneroso, der wohl beste Kenner des Zentralbankverhaltens bei Goldverleihungen und Goldverkäufen, der durch die gemeinsame Gründung des Emerging Markets Gold Funds hervorragende Kontakte zu Rotschild haben dürfte, ist seit Anfang April 2004 mit dem Veneroso Gold Zertifikat durch den Aufbau umfangreicher Shortpositionen überaus erfolgreich.

Beurteilung:
Wir gehen davon aus, daß der langfristige Aufwärtstrend erhalten bleibt, da die fundamentalen Voraussetzungen für diesen Trend erhalten bleiben oder sogar weiter verschärfen (Überschuldungen und Haushaltsdefizite, Banken- und Versicherungskrisen, Zusammenbruch der Sozialsysteme). Kurzfristig ist jedoch ein neuer Abwärtstrend möglich, der als letztes Gefecht der Shortspekulanten in die Geschichte eingehen könnte. Durch die Verschleuderung von Zentralbankgold über die Bank of England würde der Goldpreis in diesem Szenario unter die für Charttechniker wichtige Marke von 360 $/oz gedrückt, so daß den Investmentbanken eine letztmalige Gelegenheit geschaffen würde, ihre Shortpositionen einzudecken. Da die wirkliche Höhe der verbliebenen Zentralbankbestände unbekannt ist, kann eine Prognose über die Dauer dieser Manipulation unmöglich getroffen werden. Da die Goldbestände der Zentralbanken im Gegensatz zum Papiergeld begrenzt sind, wird die Manipulation gegen den Goldpreis jedoch zwangsläufig innerhalb von wenigen Monaten zusammenbrechen. Das Risiko, jetzt noch Goldbestände oder Goldminenaktien zu verkaufen, wäre und zu groß, da eine Erholung des Goldpreises und der Goldminenaktien in der jetzt überverkauften Situation sehr schnell und explosiv verlaufen könnte.