Eigentlich war die Woche schon gelaufen. Die Analysten und Marktbeobachter schrieben ihren üblichen Senf von unaufhaltsam fallenden Goldpreisen und drohenden Notenbankverkäufen und die Siegel Investments stellte sich darauf ein, weiter zu warten bis sich die fundamentale Situation durchsetzt und sich die total überverkaufte Situation (geschätzte Leerverkäufe der Notenbanken von 8.000 t) in einer fulminanten Hausse entladen werden. Einzig aufregend war die Stärke der fundamental gesunden australischen Goldminen, orientiert nach Sicherheit, die deutlich zulegen konnten und in den letzten Wochen teilweise um über 50 % über die Tiefstände anstiegen. Aber waren das nur technische Reaktionen?

Was dann am Freitag Nachmittag geschah, stellte die Situation plötzlich auf den Kopf. Um 14.50 Uhr erreichte uns der Anruf eines Lesers mit dem Hinweis auf den Videotext S. 134, Seite 3/3.

Hier stand: "Euro. Die Deutsche Bundesbank hortet die Goldreserven, falls der Euro scheitert ("Daily Telgraph"). Auch Frankreich und Italien horten, um sich gegen eventuelle Instabilitäten abzusichern."

Ein Hammer! Die Formulierungen: "Gold horten" und "Euro scheitern" schlugen ein, geben sie doch das Bild wieder, das wir in den letzten Monaten aufgezeigt haben, was aber diametral entgegengesetzt zu den üblichen Meldungen der Nachrichtenagenturen und den Medien stand.

Sofort nahmen wir Kontakt mit der Videotext-Redaktion von Sat 1 auf, die sich unser Interesse überhaupt nicht erklären konnte. Bestätigt wurde nur, daß die Nachricht wohl im "Daily Telgraph" zu lesen war. Sat 1 war nicht bereit uns die Nachrichtenagentur zu nennen über die diese Meldung verbreitet wurde und gab auch keine Begründung dafür ab. Wenig später wurde die Meldung etwas verändert und lautete:

"Euro. Die Deutsche Bundesbank hortet angeblich ihre Goldreserven für den Fall, daß der Euro scheitert. Das berichtet der "Daily Telgraph". Frankreich und Italien sollen es ebenso machen."

Um 16.20 Uhr war die Meldung ganz verschwunden und wir hatten uns schon damit abgefunden, daß wieder einmal niemand darauf reagiert hat und die Meldung als irgendeine Geschichte abgetan wird. Da wir die Meldung sofort an reuters, dpa, SZ, Handelsblatt, Wirtschaftswoche, an ntv u.a. weitergegeben haben, was möglicherweise Nachfragen bei Sat 1 ausgelöst hat, kam die Reaktion doch noch und schlug sogar noch heftiger ein, der sogenannte Doppelhammer:

Sat 1 Videotext S. 131, 23.01.98, 16.40 Uhr: "Wenn das stimmt, wäre das ein Hammer: Nach einem Bericht des "Daily Telegraph" soll die Deutsche Bundesbank in Frankfurt Gold horten, um Deutschland zu sichern, falls der Euro scheitert. Deshalb soll das Gold auch nicht an die Europäische Zentralbank gehen. Das Blatt beruft sich sogar auf eine deutsche Quelle: Das Hamburger Welt- und Wirtschaftsinstitut (HWWA). Auch die Zentralbanken in Frankreich und Italien sollen ihre Goldreserven horten."

Leider war um diese Zeit beim HWWA niemand mehr zu erreichen, so dass wir keine Stellungnahme mehr erhalten konnten. Ein Anruf bei der ntv-Wirtschaftsredaktion stieß zunächst auf kein Interesse. Nach dem Hinweis, dass der Goldpreis innerhalb von 1 Stunde um 7 $/oz anstieg, wurde die Meldung dann in der Telebörse um 22.15 Uhr aufbereitet. Auch der Anstieg der nordamerikanischen Goldminenaktien um durchschnittlich 10,6 % oder 7,3 auf 76,1 Punkte wurde erwähnt. Der Gold-preisanstieg wurde allerdings aus Sicht des New Yorker Marktes nur lapidar mit Fondskäufen erklärt.