In den letzten Tagen ist ein erstaunliches Phänomen am Goldmarkt zu beobachten. Auf der einen Seite trocknet der physische Goldmarkt völlig aus. Der Markt für Goldmünzen ist praktisch leergekauft. Die Nachfrage nach Gold und Silber stieg in den letzten Wochen dramatisch an. Ein größerer Händler verweigert inzwischen die Auftragsannahme, nachdem er die massiven Kaufwünsche nicht mehr bewältigen konnte. Derzeit liegt das Auftragsvolumen der Firma Westgold auf Rekordniveau und übertrifft die Umsätze aus dem Vorjahreszeitraum um etwa das fünffache. Dabei beobachten wir, daß die Anleger nicht mehr nur spekulative Positionen im Goldbereich aufbauen, sondern größere Vermögensteile gezielt in Goldanlagen umschichten. Einige Anleger richten sich jetzt wieder nach der bewährten Formel 1/3 in Wertpapiere, 1/3 in Immobilien und 1/3 in Gold, was zu massiven Goldkäufen führt, da die Goldbestände bei genauerer Betrachtung der Vermögensaufstellung völlig untergewichtet sind. Im Hinblick auf den Gesamtmarkt sind diese Anleger jedoch in der absoluten Minderheit, so daß von einem breit angelegten Run auf Edelmetallinvestments nicht die Rede sein kann.

Auch die Produzenten von Goldbarren melden Umsätze, die nicht nur massiv über der Nachfrage in den sonst ruhigeren Sommermonaten liegen, sondern auch die Umsätze in den sonst nachfragestarken Herbstmonaten weit übersteigen. Die Münzprägestätten für Silbermünzen wurden von der Nachfrage völlig überrascht und können die Aufträge nur noch mit längeren Lieferzeiten befriedigen. Vor allem bei der Canadian Mint macht sich die Sommerpause in der Produktion bemerkbar. Bei der Perth Mint ist es vor allem die Unprofessionalität bei der Produktionsplanung und die Ausgabepolitik von zu vielen Produkten, die eher den Sammlerbereich abdecken, die zu langen Lieferzeiten führt. Bislang problemlos funktioniert die Belieferung durch die US-Mint.

Auf der anderen Seite des Marktes fällt der Goldpreis zurück. Vor allem über die Terminmärkte wird der Goldpreis gedrückt. Um es vereinfacht zu erklären, warum sich der Preis für physisches Gold und der Goldpreis an den Börsen auseinander entwickelt: Es ist eben einfacher „Gold“ auf ein Stück Papier zu schreiben und dieses zu fallenden Kursen zu verkaufen, als Gold aus dem Boden zu holen und zu einer Münze oder Barren zu verarbeiten. Wie wir in Ausgabe 15/07 dokumentiert haben, gibt es Banken, die keinerlei Skrupel haben, ihren Kunden „Gold“ zu verkaufen, dafür auch noch Lagerkosten in Rechnung zu stellen und das Geld der Kunden tatsächlich völlig anders zu investieren. Bitte beachten Sie, daß Zertifikate (auch wenn Gold drauf steht), zinslose Schuldverschreibungen einer Bank sind, die bei einer Bankenpleite wertlos verfallen. Der Preis für die (Gold-) Zertifikate kann demnach mit einer fallenden Bonität der Bank auch bei einem steigenden Goldpreis einbrechen. Wir warnen nochmals ausdrücklich vor Investments in Zertifikaten. Sie können kein ernsthaftes Goldinvestment sein.

Wie kann also die absurde Situation von sich entgegengesetzt entwickelnden Märkten für das selbe Produkt am Goldmarkt aufgelöst werden. Zunächst gehen wir davon aus, daß massiv in den Goldmarkt eingegriffen wurde. Wenn den Banken alleine von der EZB praktisch täglich zweistelligen Milliardenbeträge zur Verfügung gestellt werden, um die Verschleppung ihrer Konkurse zu verzögern, dann ist es leicht, sich vorzustellen, daß die Banken Papiergoldprodukte auf Kredit verkauft haben, um den Goldpreis zu kontrollieren und einen Anstieg zu verhindern. Es gibt Hinweise darauf, daß dies in Absprache mit den Zentralbanken koordiniert wurde und wird.

Dennoch muß die physische Nachfrage auf dem gedrückten Niveau befriedigt werden. Noch haben die Zentralbanken dafür Restbestände zu Verfügung. Zuletzt wurde z.B. wieder Gold der Schweizer Zentralbank verkauft. Nachdem der Markt für Sekundärware, also z.B. älteren Krügerrand, Maple Leaf und Australian Nugget leergefegt wurde, werden diese verbliebenen Reste der Zentralbankgoldbestände jetzt vom Markt genommen. Dabei geschieht dies um so schneller, je tiefer der Goldpreis durch den Verkauf von Papiergoldprodukten gedrückt wird.

Nun sind 2 mögliche Entwicklungen vorstellbar. Eine Möglichkeit ist, daß die Zentralbanken weiterhin ihre Restbestände zu fallenden Preisen am Markt verschleudern, um zu versuchen, die Illusion der Kontrolle über die Märkte aufrecht zu erhalten. In diesem Fall würde der Markt an dem Punkt kollabieren, an dem die Restbestände der Zentralbanken verkauft wären. Der physische Goldmarkt würde bei explodierenden Preisen zusammenbrechen. Die Nachfrage wäre nicht mehr zu befriedigen und die Preise würden sich völlig unkontrolliert entwickeln. In diesem Szenario wären auch die Einschränkung des Goldhandels oder sogar ein Goldbesitzverbot denkbar. Möglicherweise würden Goldkäufer und Goldbesitzer auch kriminalisiert werden, indem behauptet wird, daß die Spekualtion im Goldbereich zum Kollaps der Finanzmärkte geführt hätte. Dieser offensichtliche Unsinn würde von der Mehrheit der Bevölkerung in einem Umfeld einer zusammenbrechenden Wirtschaft begierig wie jeder andere Unsinn geglaubt, wenn er nur oft genug wiederholt wird. Für Goldbesitzer könnte diese Entwicklung unangenehm enden.

Es wäre aber auch denkbar, daß die jetzt zu beobachtende extreme physische Nachfrage auf den Papiergoldmarkt durchschlägt, ohne daß der Markt zusammenbricht. In diesem Fall würde der Engpaß am physischen Goldmarkt auf den Papiergoldmarkt durchschlagen. Käufe von Papiergold würden dann den Goldpreis mehr oder weniger kontrolliert ansteigen lassen, wobei eine hausseartige Entwicklung wie zuletzt bei anderen Produkten, z.B. Uran oder Nickel wahrscheinlich wäre. Klar ist jedenfalls, daß das Gold nach dem Ausverkauf der Sekundärware (ältere Krügerrand, Maple Leaf und Australian Nugget) jetzt in Barrenform oder Neuprägungen zu den gedrückten Preisen des Papiergoldmarktes von Investoren abgerufen und eingelagert wird und für den Markt nicht mehr zur Verfügung steht. Bei der aktuellen Rekordnachfrage nach physischem Gold ist es daher praktisch undenkbar, daß sich der physische Goldpreis auf dem aktuell niedrigen Niveau stabilisiert oder gar weiter fällt.