In einer 107-seitigen Studie analysiert BNP den Goldmarkt. Die Autoren der Studie sind die Goldanalysten der BNP Geoff Bell und David Houghton (Te.: +61-2-9619-6698 und +61-2-9619-6699). Die Studie erschien im Oktober, wurde jedoch bereits im September vor dem G-Day am 26.09.99 bei einem Goldpreis von 260 $/oz fertiggestellt. Die Autoren der Studie konnten den Beschluss der 13 EU-Zentralbanken am 26.09.99 (G-Day), den maximalen Goldverkauf auf jÕhrlich 400 t zu begrenzen und die Goldverleihungen nicht auszuweiten daher nicht in ihre ˜berlegungen einbeziehen. Aufgrund der sehr exakten Analyse und der verblüffenden Treffsicherheit der Prognosen, erscheint uns die Analyse eine wertvolle Grundlage für weitere Prognosen zu sein. Vor allem ermöglicht die Studie eine globale und umfassende Sicht des Goldmarktes in einem Umfeld der Verunsicherung, in dem manche Börsenbriefe wegen der leichten Reaktion des Goldpreises bereits wieder einen weiteren Verfall prognostizieren.

Die Schlußfolgerung der Studie
Die Analyse ergibt einen hervorragenden mittelfristigen, möglicherweise auch kurzfristigen Ausblick für das Gold. Die Geldanlage Gold sollte im Depot von durchschnittlich gewichtet auf übergewichtet erhöht werden.

Die Rolle der Verleihungen der Zentralbanken
In den letzten 6 Monaten haben sich alle Indikatoren für Gold positiv entwickelt (Rohstoffzyklus, $, Zinsen). Der Goldpreis fiel dennoch weiter, warum?

Für den Goldpreisverfall sind die Verkäufe der Zentralbanken nur unwesentlich verantwortlich, der Preisverfall ist vor allem auf die Überflutung der Märkte mit Gold, das von den Zentralbanken verliehen wurde, zurückzuführen.

In den letzten 6 Monaten verkauften die Zentralbanken gerade einmal 20 t Gold (ohne die Auktionen der BoE). Dagegen wurden 430 t verliehen, die vor allem von Goldproduzenten für Vorwärts-verkäufe genutzt wurden. Zusätzlich haben Spekulanten an der Comex in der letzten 6 Monaten Shortpositionen von etwa 200 t aufgebaut.

Die Zentralbanken halten etwa 36.000 t Gold. Umfangreiche Studien der BNP, die im August und September 1999 durchgeführt wurden, ergaben, daß davon nur maximal 6.500 t (die Berechnung s.u.) für Goldverleihungen zur Verfügung stehen. Da bereits 5.100 t verliehen wurden, stehen für weitere Verleihungen nur noch maximal 1.400 t zur Verfügung. Bei jährlichen Verkäufen der Zentral-banken von 400 t (dies ist zufälligerweise exakt der Umfang, den die EU-Zentralbanken am G-Day beschlossen haben), gibt es ein jährliches Defizit von 600 t, so daß die noch maximal zur Verfügung stehende Goldmenge für Verleihungen nur noch für einen Zeitraum von etwas über 2 Jahren ausreicht, um Angebot und Nachfrage am Markt auszugleichen.

Wenn der Goldpreis weiter fallen sollte, kann dieses Niveau selbst über einen kurzen Zeitraum nicht gehalten werden. Dabei werden die Annahmen gemacht, daß das Management der Goldminen rational handelt, daß die Vorwärtsverkäufe geschlossener Minen glattgestellt werden, daß die Minen auch bei geringerer Gewinnspanne weiter produzieren, daß Produktionsausweitungen, die keine Gewinne bringen, aufgeschoben werden und daß Minen, die Verluste erwirtschaften, geschlossen werden.

Eine wichtige Schlußfolgerung ist, daß das Angebot und die Nachfrage bei einem Goldpreisrückgang in den Bereich von 200 bis 220 $/oz so weit auseinander driftet, daß ein Goldpreisanstieg sogar kurzfristig unausweichlich wird. Der Goldpreis kann auch mittelfristig nicht auf dem aktuellen Niveau (260 $/oz) gehalten werden.

Der Goldsektor im Überblick
Der Goldpreis ist in den letzten 4 Jahren um 35 % gefallen. Viele Kommentatoren glauben, daß die Zentralbankverkäufe dafür verantwortlich waren. Wir stimmen dem nicht zu.

In den letzten 4 Jahren (1995 bis 1998) haben die Zentralbanken 1.236 t (Quelle: GFMS) bei einem Gesamtangebot von über 15.000 t verkauft. In den letzten 9 Monaten etwa 60 t Gold verkauft. Da der Goldpreis in dieser Zeit um 30 $/oz gefallen ist, greift die Begründung der Zentralbankverkäufe für den Goldpreisrückgang nicht.

Die Goldverleihungen erscheinen für die Erklärung des Goldpreisrückgangs viel wichtiger.
In den letzten 4 Jahren (1995 bis 1998) haben die Zentralbanken 1.190 t (Quelle: GFMS) Gold in den Markt verliehen. Wichtig ist nun, daß in den letzten 9 Monaten alleine die Goldproduzenten 430 t Gold vorwärtsverkauft haben, das von den Zentralbanken verliehen wurde. Diese zusätzlichen Verleihungen sind daher der wichtigste Ursache für den jüngsten Goldpreisverfall.

Für den Goldpreisverfall werden zusätzlich die fallenden Zinsen, der starke $ und die schwachen Rohstoffpreise genannt. Diese Faktoren können den Goldpreisverfall während der letzten 3-4 Jahre erklären, in der Zwischenzeit ergeben sich jedoch erhebliche Abweichungen. Seit Ende 1998 steigen die Zinsen für US-Anleihen, der Goldpreis fällt jedoch weiter. Seit Ende 1998 fällt der $ (gegenüber dem Yen), der Goldpreis fällt jedoch weiter. Seit Ende 1998 steigen die Rohstoffpreise (Öl, Kupfer, Nickel), der Goldpreis fällt jedoch weiter.

Neben den Goldproduzenten, die in den letzten 9 Monaten 430 t Gold vorwärtsverkauft haben, haben viele Spekulanten im Vorfeld der Goldauktionen der BoE, Shortpositionen an der Comex aufgebaut, was auf die aufgebauschte Berichterstattung über die Goldverkäufe der Zentralbanken, der BoE, der Schweiz und des IWF zurückzuführen ist. Der Aufbau der Shortpositionen der Spekulanten wurde durch die niedrigen Leihzinsraten für Gold, den starken $ und die fallenden Anleihezinsen verstärkt. Die spekulativen Shortpositionen lagen im Jahresverlauf 1999 immer in der Nähe der Rekordstände (200 bis 250 t).

Der Schlüssel für das Verständnis des Goldmarktes sind die Verleihungen der Zentralbanken
Die Feststellung der Höhe der Zentralbank-Goldbestände ist relativ einfach. Der IWF gibt die Höhe der Bestände in regelmäßigen Abständen bekannt. Ende 1998 lagen die Zentralbankbestände bei etwa 36.000 t. Die größten Halter waren die USA, gefolgt von Deutschland, dem IWF, Frankreich, der Schweiz und Italien.

Nicht alle Zentralbanken verleihen Gold

Gold ist ein einzigartiger Rohstoff und wird in großem Umfang von den Zentralbanken gehalten. Einige dieser Zentralbanken verleihen Gold, um einen kleinen Gewinn aus dem Leihzinsen zu erwirtschaften. Zu diesem Thema sind folgende Anmerkungen zu machen:

Die Zentralbanken halten ihre Reserven in vielen Varianten. Viele halten Anlagen in $, die wir wegen der Stärke der US-Wirtschaft für wenig riskant halten.

Gold ist eine Anlage mit geringen Risiken, da sie keine Verpflichtungen anderer beinhaltet. In einer Krise kann Gold an fast jede Nation, Gesellschaft oder Privatperson verkauft werden.

Die Goldverleihungen werde vor allem von den Goldproduzenten genutzt, die den Gewinn ihrer zukünftigen Produktion damit absichern wollen. Obwohl die Finanzierung über Investmentbanken läuft, liegt das Risiko, daß das Geschäft scheitert (Gold kann nicht geliefert werden) auf der Hand. Da es dieses Risiko gibt, gehen wir davon aus, daß die Goldverleiher ungern alles Gold verleihen wollen. Große Goldhalter verleihen eher weniger.

Wieviel Gold verleihen die Zentralbanken?

Wenn die Goldverleihungen der Zentralbanken der wichtigste Faktor bei der Goldpreisentwicklung ist, ist es wichtig, den möglichen Umfang der Verleihungen festzustellen. Dafür wurde ein Szenario mit dem Umfang der maximalen Verleihungen erstellt. Es ist nach unserem Modell klar, daß sich Potential für einen Goldpreisanstieg ergibt, sobald der maximale Umfang der Verleihungen erschöpft ist. Für das Modell wurden folgende Voraussetzungen angenommen:

Die USA, der IWF, Frankreich, Italien und Japan bleiben bei ihrer Politik, kein Gold zu verleihen.

Die Niederlande verleihen 60 % des Bestandes.
Deutschland und die Schweiz verleihen bis zu 15 % ihrer Reserven. Dabei wird der Anteil der Schweiz bei den vorgeschlagenen Verkäufen mit der Zeit kleiner.
Kleinere Goldbesitzer verleihen bis zu 75 % des Bestandes.
Rußland verleiht 40 % des Bestandes, der auf 458 t geschätzt wird.

Die mittelgroßen Besitzer wie Venezuela, Belgien, Schweden und Algerien verleihen bis zu 25 %.
Indien und Spanien, die jeweils etwa 1.000 t halten, dürfen lt. Gesetz kein Gold verleihen.

Unter diesen Annahmen stehen maximal 6.500 t Gold für Verleihungen zur Verfügung. Am Beispiel der Goldleihen australischer Produzenten zeigt die Analyse, daß diese 6.500 t bereits weitgehend ausgeschöpft sind. Zwischen 1994 und heute haben die 15 größten australischen Produzenten ihre Vorwärtsverkäufe von 373 auf 1.089 t ausgeweitet (Erklärung: Die Goldproduzenten sind die Gegenpartner der Zentralbanken. Sie leihen das Gold, das die Zentralbanken verleihen, für ihre Vorwärtsverkäufe). Seit Anfang 1999 ist am Markt jedoch eine Verschiebung zu beobachten. Während die australischen Produzenten ihre Vorwärtsverkäufe reduzierten, haben die nordameri-kanischen und südafrikanischen Produzenten in den letzten 9 Monaten große Positionen aufgebaut. Alleine die weltweit größten 24 Produzenten haben ihre Vorwärtsverkäufe in den letzten 6 Monaten um 345 t ausgeweitet. Dabei wurden vor allem Gesellschaften aktiv, die in der Vergangenheit nicht oder nur sehr wenig Vorwärtsverkäufe durchgeführt haben. Die größten Positionen wurden von Ashanti, Newmont, Anglogold, Barrick, Kinross, Placer Dome, Delta Gold, Gold Fields, Emperor, Normandy NFM, Acacia und Normandy Mt. Leyshon aufgebaut. Newcrest, Homestake, Goldfields und Lihir haben ihre Positionen dagegen verringert. Battle Mountain verhandelt gerade darüber, 50 % ihrer Produktion der nächsten 5 Jahre (2 Mio oz) vorwärts zu verkaufen.

Interessant ist, daß die 24 größten Produzenten seit dem Jahresbeginn etwa 530 t Gold produzierten und zusätzlich 340 t über Vorwärtsverkäufe in den Markt brachten. Dagegen sehen die verkauften 50 t der BoE, die in den Medien eine große Beachtung gefunden haben, geradezu lächerlich aus.

Bemerkung: Die eingegangenen Vorwärtsverkäufe belasten die genannten Gesellschaften unter-schiedlich. Die Belastungen sind von der Struktur der Vorwärtsverkäufe und den Produktionskosten abhängig. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß viele Gesellschaften, ihre Positionen täglich verändern. So hat Gold Fields große Teile der Vorwärtsverkäufe mittlerweile wieder glattgestellt. Die Auswirkungen der Vorwärtsverkäufe müssen daher für jede Gesellschaft individuell ermittelt werden.

Über die Struktur der Vorwärtsverkäufe ist nur wenig bekannt, da die Gesellschaften nicht verpflichtet sind, diese zu veröffentlichen. Es ist allerdings eine Tendenz von den Vorwärtsverkäufen mit fest vereinbarten Lieferverpflichtungen weg zu der Absicherung durch Putoptionen zu beobachten. So haben sich Newcrest, Sons of Gwalia, Newmont und Goldfields fast ausschließlich durch Putoptionen abgesichert. Normandy Mining und Delta Gold fahren eine ausgewogene Mischung aus Putoptionen und Vorwärtsverkäufen, wobei Normandy Mining die Vorwärtsverkäufe zuletzt abgebaut und die Putoptionen aufgebaut hat. Anglogold, Barrick, Placer Dome, Lihir, Acacia, Normandy NFM, Gold Fields, Homestake, Kinross, Ranger, Aurora, Emperor, Normandy Mt. Leyshon, Resolute und Pacmin haben dagegen nahezu ausschließlich fest vereinbarte Lieferverpflichtungen.

Da von den maximal für die Verleihung zur Verfügung stehenden 6.500 t bereits 5.100 t verliehen sind, stehen für den Ausgleich des Marktes in Zukunft nur noch maximal 1.400 t zur Verfügung. Die Verleihungen der Zentralbanken werden also nur noch für eine begrenzte Zeit einen Marktausgleich erreichen können. Wenn unsere Annahmen über das maximale Verleihvolumen der Zentralbanken und über das bereits verliehene Volumen korrekt sind, dann würden wir steigende Leihzinsraten mit der abnehmenden Möglichkeit, Gold zu leihen, erwarten.

Limitierte Verleihungen, höhere Verleihzinsen, höherer Goldpreis?
Die bisherige Analyse ergibt, daß die Menge des verleihbaren Gold begrenzt ist. In der letzten Zeit wurde die Liquidität des Goldmarktes durch zusätzliche Verleihungen erhöht, was das erhöhte Leihen der Produzenten und der Spekulanten ermöglicht hat. Wenn die Annahmen richtig sind, müßten die Goldleihzinsraten demnächst ansteigen. Selbst wenn alle Zentralbanken ihre Verleihungen auf das von uns angenommen Maximum ausweiten würden, könnte der Goldpreis nur noch maximal für 3 Jahre auf dem Niveau von 260 $/oz gehalten werden.

Bei einem Goldpreis von 260 $/oz werden für die Analyse folgende Annahmen gemacht:

Die Nachfrage der Schmuckindustrie und für andere Fabrikationen wächst mit einer Jahresrate von 4 %. Die Nachfrage der Spekulanten bleibt bei Null. Die Barrenhortung in Fernost bleibt bei jährlich 20 t und die Produzenten schließen die unprofitable Produktion und stellen ihre Hedgebücher glatt.

Die Goldangebotslücke

Auf der Angebotsseite wird eine jährliche Abwertung des südafrikanischen Rand gegenüber dem $ um 10 % angenommen. Die jährlichen Verkäufe der Zentralbanken liegen bei 400 t. Ein Altgoldangebot von jährlich 550 t bleibt erhalten. Die Neuproduktion wird von den 24 größten Gesellschaften auf die Weltproduktion hochgerechnet. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wird durch Verleihungen der Zentralbanken gefüllt, da eine höhere Minenproduktion und ein größeres Altgoldangebot nur bei einem höheren Goldpreis zu erwarten ist. Wenn das maximale Verleihvolumen erreicht ist, entsteht eine Goldangebotslücke. Diese Goldangebotslücke kann durch Zentralbankverkäufe oder Zentralbankverleihungen (nur wenn die Zentralbanken entscheiden, mehr Gold zu verleihen) ausgeglichen werden. Die Goldangebotslücke muß geschlossen werden. Wenn sie nicht geschlossen wird, muß der Goldpreis steigen, um die Nachfrage zu senken.

Was passiert, wenn der Goldpreis weiter fällt?

Die bisherige Analyse, zeigt, daß die mittelfristige Prognose für Gold gut ist. Selbst wenn die Zentralbanken jährlich 400 t Gold verkaufen und unter konservativen Schätzungen, wird bereits 2002 eine große Goldangebotslücke entstehen. Kurzfristig ist die Prognose sehr schwierig, da viele Goldproduzenten und Spekulanten Shortpositionen aufgebaut haben. Das Risiko, daß dieser Trend anhält, ist zwar klein, es bleibt aber bestehen. Auch wenn nur noch maximal 1.400 t Gold für Verleihungen zur Verfügung stehen, könnten die Verleihungen den Goldpreis kurzfristig weiter drücken. Die Frage ist dabei, wie weit und wie lange der Goldpreis noch niedriger gedrückt werden kann. Obwohl die Gewinnspannen der Goldminen in den letzten 3-4 Jahren zusammengeschrumpft sind, konnte die Minenproduktion ausgeweitet werden. Bei einem weiteren Rückgang des Goldpreises um 50 $/oz müßten jedoch erhebliche Veränderungen bei der Eröffnung neuer Minen, bei neuen Entwicklungsprojekten, Investitionen, Hedgebüchern und Goldreserven angenommen werden. Um einen exakten Überblick zu bekommen, wurde eine umfassende und umfangreiche Analyse der gesamten Goldindustrie durchgeführt, um eine Aussage darüber treffen zu können, auf welchem Niveau sich der Goldpreis befinden müßte.

Ergebnisse

- Goldproduktion
Bei einem Goldpreis von 260 $/oz sind die Gewinnspannen der Goldminen ausreichend, um die Minenproduktion aufrechterhalten zu können. Bei einem Goldpreis von 240 $/oz würden bereits Minenentwicklungen und Minenexpansionen aufgeschoben werden. In einigen Minen kommt es zu Produktionskürzungen. Bei einem Goldpreis von 220 $/oz kommt es zu Minenschließungen und dadurch zu einer durchschnittlichen Senkung der Produktionskosten. Bei einem Goldpreis von 200 $/oz würde es zu deutlichen Produktionsrückgängen durch Minenschließungen kommen. Bei einem Goldpreis von 180 $/oz müßte die Mehrzahl der Minen geschlossen werden. Bei einem Goldpreis von 160 $/oz würden nur noch vereinzelte Minen produzieren können.

- Hedgebücher
Bis zu einem Goldpreis von 240 $/oz würden die Hedgebücher intakt bleiben. Bei einem Goldpreisrückgang unter 240 $/oz würden im Zuge von Minenschließungen, die Hedgebücher glattgestellt. Bei einem Goldpreisverfall unter 200 $/oz würden die Goldminen bei der Schließung ihrer Hedgebücher als massive Goldkäufer auftreten. Bei einer verringerten Goldproduktion würde die Goldnachfrage dadurch zusätzlich erhöht. Der Wert der Hedgebücher würde bei einem Goldpreis von unter 240 $/oz bei vielen Gesellschaften den aktuellen Börsenwert weit übersteigen, was den Gesellschaften die Schließung der Minen erleichtern würde.

- Cashbestand
Interessant sind die Ergebnisse über die Untersuchung des Cashbestandes und der Bilanzen der Goldminen. Ein Goldpreis von 260 $/oz würde auf Dauer eine Verringerung der Investitionen bei einer gleichzeitigen Verschlechterung der Bilanzen zur Folge haben. Viele Goldminen sind also bei einem Goldpreis von 260 $/oz auf Dauer nicht überlebensfähig. Bei einem Goldpreisrückgang unter 260 $/oz würden die Investitionen deutlich gesenkt. Die Bilanzen würden sich dennoch erheblich verschlechtern, da zu erwarten ist, daß die Goldminen nur zögerlich geschlossen werden. Bei einem Goldpreis von unter 200 $/oz würden sich die Bilanzen der Goldminen wieder verbessern, da dann bei sehr geringen Investitionen hohe Gewinne aus der Glattstellung der Hedgebücher realisiert werden könnten.

- Goldnachfrage
Bereits bei einem Goldpreis von 220 $/oz würden einige Goldminen ihre Produktion schließen müssen, so daß die Schließung der Hedgebücher zu einem marginalen Anstieg der Goldnachfrage führen würde. Bei einem Goldpreisrückgang auf 180 $/oz würde die Goldnachfrage weltweit um etwa 10 % ansteigen, da dann viele Goldminen nach Minenschließungen als Goldkäufer auftreten würden, um ihre Hedgebücher zu schließen. Bei einem Goldpreis von 160 $/oz würde die zusätzliche Nachfrage der Goldminen die Goldnachfrage weltweit um 20 % erhöhen.

- Goldreserven
Bei einem Goldpreis von 260 $/oz liegen die Goldreserven bei 40.000 t, was bei einer jährlichen Produktion von 2.500 t einer Lebensdauer von 16 Jahren entspricht. Bei einem Goldpreis von 240 $/oz würde die Lebensdauer der aktuellen Produktion auf 15 Jahre, bei einem Goldpreis von 220 $/oz auf 14 Jahre, bei einem Goldpreis von 200 $/oz auf 8 Jahre, bei einem Goldpreis von 180 $/oz auf 5 Jahre und bei einem Goldpreis von 160 $/oz auf 4 Jahre sinken. Klar ist, daß bei einem Goldpreis von unter 200 $/oz die Angebot/Nachfragesituation so unausgeglichen wäre, daß der Goldpreis sogar kurzfristig steigen müßte.

- Goldangebot
Bei einem Goldpreis von 260 $/oz würde das Angebot trotz maximaler Ausleihungen der Zentralbanken nicht ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen. Spätestens ab 2002 würde eine Goldangebotslücke (s.o.) entstehen. Bei einem Goldpreisrückgang auf 200 $/oz würde die Goldangebotslücke bereits 2001 entstehen, da die Goldproduktion der Goldminen dann stark rückläufig wäre. Bei einem Goldpreis von 160 $/oz würden die Minenproduktion und die Verkäufe der Zentralbanken (400 t jährlich) nicht einmal mehr die Hälfte der weltweiten Nachfrage abdecken können.

- Goldleihen der Zentralbanken bei einem fallenden Goldpreis
Selbst bei einem Goldpreis von 300 $/oz würden die Verleihungen nur bis Ende 2002 ausreichen, um Angebot und Nachfrage am Goldmarkt auszugleichen. Bei einem Goldpreis von 220 $/oz wären die Goldverleihmöglichkeiten der Zentralbanken bereits Ende 2001 ausgeschöpft. Bei einem Gold-preisrückgang auf 160 $/oz würde die Goldangebotslücke bis 2003 sprunghaft auf jährlich 8000 t ansteigen und 2004 bereits 10.000 t erreichen.

Bemerkung:
Beurteilen Sie vor dem Hintergrund dieser Analyse die Aussagen von Paul C. Martin in der Bildzeitung vom 13.07.99: "Wohin kann Gold fallen? Auf exakt 42,22 Dollar".

Schlußfolgerungen
Sogar der aktuelle Goldpreis von 260 $/oz ist auf längere Sicht nicht haltbar. Nach unserer Analyse kann der Goldpreis nur vorübergehend auf dem Niveau von 260 $/oz gehalten werden. Auf mittlere und längere Sicht ist mit einem Anstieg zu rechnen.

Bei einem Goldpreisniveau von 260 $/oz müssen die Zentralbanken jährlich 1.000 t über Gold-verkäufe und Goldverleihungen zur Verfügung stellen, um den Markt im Gleichgewicht zu halten. Unter der Annahme, daß die Zentralbanken jährlich 400 t Gold verkaufen, wird spätestens nach 3 Jahren ein Marktungleichgewicht auftreten, außer wenn die Zentralbanken beschließen, große Goldmengen zu verkaufen. Wenn die Zentralbanken weniger als jährlich 400 t Gold verkaufen, könnte das Marktungleichgewicht bereits viel früher auftreten. Die gestiegene Leihzinsrate könnte ein erster Indikator für die Begrenzung des Angebotes von Zentralbankgold sein.

Falls der Goldpreis auf 200 $/oz fallen sollte, würde der Markt sehr schnell in ein Ungleichgewicht fallen. 40 der 160 größten Goldminen müßten geschlossen werden. Die Möglichkeiten der Zentralbanken, Gold zu verleihen, wären bereits 2001 erschöpft. Die Goldproduzenten würden bei der Schließung ihrer Hedgebücher zusätzlich 250 t Gold nachfragen. Nur um den Markt im Gleichgewicht zu halten müßten die Zentralbanken bis 2001 zusätzlich 5.000 t Gold verkaufen. Ein Goldpreisverfall auf 200 $/oz ist daher nicht über einen Zeitraum von länger als 6 Monaten vorstellbar.

Obwohl der Goldpreis mittelfristig bei 260 $/oz nicht haltbar ist, besteht dennoch die Möglichkeit, daß der Goldpreis durch die Ausweitung von Vorwärtsverkäufen der Goldminen und den Aufbau von Shortpositionen kurzfristig weiter gedrückt wird. Das Risiko eines erneuten Goldpreisrückgangs ist daher auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt. Unser Ausblick für die nächsten 12 Monate ist daher positiv, so daß wir empfehlen, Gold im Depot überzugewichten und eine Auswahl von Goldminenaktien zu kaufen, die nicht nur von einem steigenden Goldpreis profitieren, sondern auch einen weiteren Verfall gut überstehen können.

Gold sollte im Depot übergewichtet werden
Ein Goldpreis von über 300 $/oz ist innerhalb der nächsten 12 Monate zu erwarten.

Dabei wurde berücksichtigt:

Der Goldpreis wurde während der letzten 6 Monate vor allem durch die Vorwärtsverkäufe der Goldproduzenten und den Aufbau von Shortpositionen von Spekulanten gedrückt.

Die Verleihmöglichkeiten der Zentralbanken sind jetzt begrenzt.

Das limitierte Goldvolumen, das mit niedrigen Zinsraten zur Verfügung steht, beschränkt die Möglichkeit für Goldproduzenten und Spekulanten mit größeren Volumen short zu gehen.

Die Rohstoffpreise steigen. Der $ wird schwächer.

Wenn der Goldpreis auf dem aktuellen Niveau bleibt, müssen die Zentralbanken jährlich 1.000 t Gold zur Verfügung stellen, um das Marktgleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu erhalten.

Der Goldpreis kann weiter fallen, was das Marktungleichgewicht jedoch vergrößern würde.

Ein weiterer Goldpreisrückgang von 50 $/oz hätte erhebliche Auswirkungen auf die Minenproduktion.

Wir glauben, daß der Zeitpunkt richtig ist, um das Gold im Depot überzugewichten und empfehlen, ausgewählte Goldminenaktien zum Kauf.

Wichtige Prognosen
Bei der Erwartung eines steigenden Goldpreises innerhalb der nächsten 12 Monate, kann der absolute Goldpreisanstieg und die mögliche Schwankungsbreite nur schwer vorherbestimmt werden. Da es ziemlich klar ist, daß die Goldverleihmöglichkeiten der Zentralbanken limitiert sind, erwarten wir einige Faktoren, die zu einem Goldpreisanstieg führen werden.

Da von den Zentralbanken weniger Gold verliehen wird, erwarten wir einen Anstieg der Leihzinsraten.

Durch die höheren Leihzinsraten werden die Goldproduzenten und Spekulanten weniger Shortpositionen aufbauen.

Dies wird zu einem Rückgang des Angebotes führen.
Ein geringeres Angebot wird einen höheren Goldpreis zur Folge haben.

Ein höherer Goldpreis wird dazu führen, daß die Spekulanten ihre Shortpositionen eindecken und die Goldproduzenten ihre Hedgebücher überdenken. Die Investmentbanken werden über das Delta Hedging dazu gezwungen sein, Gold zu kaufen, um die mit den Goldproduzenten eingegangenen Risiken aus den Putoptionen (Investmentbanken sind die Verkäufer der Putoptionen) abzusichern.

Die Eindeckung von Shortpositionen der Spekulanten und das Delta Hedging steigern die Nachfrage, so daß es zu einem noch höheren Goldpreis kommen wird. Eine Rally könnte kurzfristig zu einem scharfen Goldpreisanstieg führen.

Nach einer Goldpreisrally wird die Stimmung am Goldmarkt wahrscheinlich positiver sein, daher werden danach weniger Shortpositionen aufgebaut und das Hedging wird erst wieder aufgenommen, wenn die Leihzinsraten wieder fallen. Durch die geringe Verfügbarkeit von Zentralbankgold werden das zukünftige Hedging und der Aufbau von Shortpositionen limitiert. Das fundamentale Defizit zwischen Angebot und Nachfrage wird erhalten bleiben, so daß das Umfeld für einen steigenden Goldpreis erhalten bleibt.

Beurteilung:
Die Prognosen der Studie sind bislang zu 100 % eingetroffen. Der Anstieg der Leihzinsraten, der Rückgang des Angebotes, der Anstieg des Goldpreises, die Eindeckung von Shortpositionen, das Überdenken der Hedgebücher der Goldproduzenten, die Goldpreisrally, die höhere Schwankungsbreite sind allesamt eingetroffen. Die letzte Prognose betrifft die Einschätzung der nächsten Wochen und Monate: "Das fundamentale Defizit zwischen Angebot und Nachfrage wird erhalten bleiben, so daß das Umfeld für einen steigenden Goldpreis erhalten bleibt." Die Analyse des "Goldmarktes" deckt sich grundsätzlich mit der Studie der BNP, so daß auch wir eine fundamentale Marktlage sehen, die ein positives Umfeld für einen steigenden Goldpreis beinhaltet.

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Abweichende Analyse des "Goldmarkt"
Bei den Grundlagen der Studie ergeben sich jedoch einige Abweichungen. In der BNP Studie wird die maximale Höhe der Verleihungen der Zentralbanken bei 6.500 t gesehen. Da wir bei Deutschland der Schweiz, England, Österreich Verleihungen bis zu 20 % (BNP Studie 15 %), bei der EZB bis 100 % (BNP Studie 5 %) für möglich halten, gehen wir davon aus, daß das maximale Verleihvolumen der Zentralbanken etwa bei 8.000 t liegt. Zusätzlich gehen wir davon aus, daß die BIZ, die USA (Federal Reserve), Italien, Japan und der IWF in Krisenzeiten wenigstens vorübergehend bereit ist, Gold zu verleihen. Eine solche Krise war beispielsweise die LTCM-Pleite, bei der offene Shortpositionen über schätzungsweise 400 t abgedeckt werden mußten. Das zumindest kurzfristig zur Verfügung stehende Verleihvolumen könnte demnach auf bis zu 10.000 t geschätzt werden.

Da wir die Analyse der BNP bei den Vorwärtsverkäufen der Goldproduzenten für sehr exakt halten, ergibt sich für das Leihvolumen der Goldproduzenten von 5.100 t keine abweichende Schätzung.

Die BNP Studie schätzt die sonstigen offenen Shortpositionen auf maximal 700 t. Dabei liegen die offiziellen Shortpositionen der Comex bei 200 t, so daß die Shortpositionen der Investmentbanken und der Hedge Funds auf maximal 500 t taxiert werden. Wir halten diese Schätzung für weit untertrieben. Ausgehend von höheren Verleihungen der Zentralbanken, die wir auf zwischen 8.000 und 10.000 t schätzen, halten wir offene Shortpositionen der Investmentbanken und Hedge Funds von 2.200 bis 4.200 t für möglich. Alleine die Shortpositionen von 4 Hedge Funds (Soros, Tiger, Moore Capital und PEI) werden vom GATA mit zwischen 930 und 1.550 t angegeben (vgl. "Der Goldmarkt" vom 10.09.99).

Ausblick
Egal ob die Grundlage der Analyse von einem maximalen Verleihvolumen der Zentralbanken von 6.500 t oder von 10.000 t ausgeht, steht fest, daß der Marktausgleich bei dem künstlich niedriggehaltenen Goldpreis durch Zentralbankverkäufe und Zentralbankverleihungen nur noch über einen limitierten Zeitraum gewährleistet werden kann. Der Goldpreisanstieg von 250 auf 340 $/oz innerhalb von nur 2 Wochen zeigt dabei die Explosivität des Marktes, der auf die panikartige Schließung von Shortpositionen zurückzuführen war. Bei der Beurteilung der zukünftigen Entwicklung bleiben die Voraussetzungen erhalten:

Die Verleihmöglichkeiten der Zentralbanken bleiben begrenzt. Vor allem durch das Statement der 13 EU-Zentralbanken vom 26.09.99, die Goldverkäufe auf 400 t jährlich zu begrenzen und die Goldverleihungen nicht zu erweitern, werden die Verleihmöglichkeiten der Zentralbanken weiter eingeschränkt.

Das limitierte Leihvolumen führt zu höheren Leihzinsen, die den Aufbau weiterer Vorwärtsverkäufe und spekulativer Shortpositionen begrenzen.

Die Rohstoffpreise zeigen weiterhin eine feste Tendenz. Der $ neigt weiterhin zur Schwäche.

Beim aktuellen Goldpreis von 300 $/oz müssen die Zentralbanken jährlich etwa 1.000 t (400 t davon durch Verkäufe) zur Verfügung stellen, um einen Marktausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu schaffen.
Die Minenproduktion liegt auch bei einem Goldpreis von 300 $/oz nur geringfügig über der Minenproduktion bei einem Goldpreis von 260 $/oz und kann auf diesem Niveau nur unwesentlich ausgeweitet werden.

Ein Rückfall des Goldpreises würde das Marktungleichgewicht wieder vergrößern, so daß sich die Zeitspanne bis zu einem Wiederanstieg verkürzen würde.

Goldminengesellschaften werden bei einem Rückgang des Goldpreises unter 300 $/oz versuchen, ihre Vorwärtsverkäufe einzudecken, um bei einem Wiederanstieg von dem steigenden Goldpreis besser profitieren zu können.

Die Shortspekulanten sind vorgewarnt und werden bei einem Wiederanstieg des Goldpreises versuchen, ihre Shortpositionen so schnell wie möglich einzudecken. Dies würde eine erneute Rally am Goldmarkt auslösen.

Der näher rückende Jahr-2000-Wechsel wird die Goldnachfrage eher noch weiter steigern.

Bei einem monatlichen Defizit von 50 t (bei jährlichen Zentralbankverkäufen von 400 t), die durch Zentralbankverleihungen ausgeglichen werden müssen, ist der Zeitraum begrenzt, in dem der Goldpreis auf dem aktuellen Niveau von 300 $/oz gehalten werden kann.

Wie lange es gelingt, genügend Zentralbankgold zu mobilisieren, um das aktuelle Marktgleichgewicht zu erhalten, bleibt offen. Der Goldpreisanstieg nach dem 26.09.99 zeigte jedoch, daß die Zentralbanken bereits jetzt an das Limit ihrer Möglichkeiten gelangt sind.

Unsere Prognose lautet daher:
Der Goldpreis wird bereits innerhalb der nächsten Monate zu einem neuen Höhenflug ansetzen.

Die Wahrscheinlichkeit, daß dies noch 1999 der Fall sein wird, ist groß, da die Finanzmärkte zur Zeit schweren Verwerfungen ausgesetzt sind.

Ein erneuter Goldpreisanstieg wird ebenso explosiv sein, wie der Anstieg der nach dem 26.09.99 zu beobachten war, da bislang nur unwesentliche Teile der offenen Shortpositionen der Spekulanten und Vorwärtsverkäufe der Goldproduzenten glattgestellt werden konnten.