Sollte unsere Theorie über die Manipulation des Goldmarktes richtig sein, dann dürften die Akteure an das Ende ihrer Möglichkeiten gekommen sein. Bei einer Nachfrage, die das Angebot aus der Minenproduktion weiterhin stabil um jährlich etwa 1.000 t übertrifft, haben die an der Manipulation beteiligten Investmentbanken, die BIZ, das US-Finanzministerium, die Fed und die Bank of England auf Dauer keine Chance das Angebot künstlich soweit zu erhöhen, dass ein Goldpreisanstieg verhindert werden kann (vgl. Schlagzeilen Gold vom 05.03.01). Dennoch wird anscheinend versucht, diese ausweglose Situation bis zum endgültigen Zusammenbruch auszureizen. Dabei werden den Goldminen zur Zeit Risiken aufgeladen, die bei einem Goldpreisanstieg zu ihrem Zusammenbruch und zu einer völlig veränderten Marktstruktur führen können.

Beim WAG (Washingtoner Agreement on Gold) vom 26.09.99 haben die europäischen Zentral-banken beschlossen die jährlichen Goldverkäufe auf 400 t zu begrenzen und die Goldleihen nicht auszuweiten. Mit den Goldauktionen der Bank of England, den Goldverkäufen der Schweiz, Österreichs und der Niederlande wird diese Grenze bereits bis an das Limit ausgeschöpft. Teilweise wurde bereits darüber spekuliert, daß das Limit zeitweise überschritten werden mußte, um einen Goldpreisanstieg zu verhindern. Offensichtlich wurden auch kleinere Zentralbanken (Jordanien, Kuwait, Uruguay) dazu genötigt, Gold zu verkaufen, um einen Goldpreisanstieg zu verhindern.

Da vor allem die Zentralbanken der USA, Deutschlands, Frankreichs und Italiens, die insgesamt 17.613 t Gold halten und viele der kleineren Zentralbanken erklärt haben, kein Gold zu verkaufen, ist das theoretisch zum Verkauf zur Verfügung stehende Gold auf kleine Restbestände zusammen-geschrumpft. Immer verzweifelter suchen die an den auf 8.000 bis 10.000 t geschätzten Shortpositionen beteiligten Investmentbanken daher nach Möglichkeiten, um die Lücke aus Angebot und Nachfrage zu schließen.

Dabei wurden im Dezemberquartal offensichtlich die Goldproduzenten dazu genötigt, ihre Vorwärtsverkäufe erneut auszudehnen. Aus den bisher ausgewerteten Quartalsberichten geht eine Ausweitung der Vorwärtsverkäufe um nicht weniger als 180 t hervor. Besonders deutlich wurden die Vorwärtsverkäufe bei Barrick um 2,2 Mio oz, bei Normandy Mining um 1,5 Mio oz, bei Anglogold um 1,2 Mio oz, bei Newcrest um 0,7 Mio oz und bei Delta Gold um 0,3 Mio oz ausgeweitet. Geringfügige Ausweitungen um jeweils 0,1 Mio oz haben Croesus Mining, Lihir und Normandy NFM berichtet. Jeweils um 0,2 Mio oz rückläufige Vorwärtsverkäufe wiesen Gold Fields und Durban Roodepoort Deep aus.

Bei einem Goldpreisanstieg haben die Vorwärtsverkäufe erhebliche Konsequenzen. Dabei sind die Probleme, die bei Ashanti und Cambior Ende 1999 fast zu Konkursen geführt hätten mittlerweile von den Goldminen unter Kontrolle gebracht worden. Ashanti und Cambior hatten Kontrakte abge-schlossen, die bei einem steigenden Goldpreis zu Einschußpflichten führten. Kontrakte dieser Art sind heute bei Goldproduzenten nicht mehr bekannt. Bei einem erneuten Anstieg des Goldpreises werden die Goldminen dagegen aufgrund ihrer absurden Vorwärtsverkäufe völlig der Willkür der Investmentbanken ausgeliefert sein. Beispielsweise werden die aus den Vorwärtsverkäufen entstehenden Buchverluste der Newcrest, die sich bereits jetzt auf 214 Mio A$ belaufen, bei einem Goldpreisanstieg auf 400 $/oz einen Wert von 1,7 Mrd A$ erreichen (240 A$ x 7,1 Mio oz). Bei einer Börsenbewertung von 1,0 Mrd A$ wird Newcrest nicht die Kraft haben, eine Kreditlinie über diesen Betrag zu erhalten, um die Vorwärtsverkäufe glattzustellen. Newcrest wäre den Banken hilflos ausgeliefert und könnte sich gegen eine Übernahme nicht vertei-digen. Gleichzeitig würde das Interesse der Privatanleger an Newcrest, die ihre Gewinnmöglichkeiten aufgrund der Vorwärts-verkäufe für mehr als 10 Jahre limitiert haben, völlig zusammenbrechen.

Sollten die an den Vorwärtsverkäufen beteiligten Goldminen an ihren Vorwärtsverkäufen festhalten, würden sich erhebliche Verschiebungen bei der Kontrolle der weltweiten Goldproduktion ergeben. Vor allem die großen australischen Unternehmen erscheinen gefährdet. Newcrest dürfte dabei das erste Opfer bei einem Goldpreisanstieg sein. Die Vorwärtsverkäufe der Newcrest entsprechen der Produktion von 10,5 Jahren. Wenig erfreulich dürfte sich auch ein Goldpreisanstieg auf Normandy Mining und Delta Gold auswirken, bei denen die Vorwärtsverkäufe einer Produktion von 5,4 bzw. 5,3 Jahren entsprechen. Delta Gold könnte ihre Situation allerdingsbei einer erneuten Produktions-aufnahme in der Gold Ridge Mine erheblich verbessern. Sons of Gwalia, deren Vorwärtsverkäufe der Produktion von 8,3 Jahren entsprechen, dürfte abgesehen von ihrer profitablen Tantalproduktion bedeutungslos werden. Harte Zeiten werden auch auf Pacmin, Goldfields und New Hampton zukommen, deren Vorwärtsverkäufe einen Zeitraum von 3,9 bzw 3,8 Jahren umfassen. Otter Gold bleibt mit Vorwärtsverkäufen, die einen Zeitraum von 2,6 Jahren umfassen wegen ihrer schwachen finanziellen Verfassung gefährdet, wohingegen Lihir bei einer vergleichbaren Situation wegen ihrer umfangreichen Reserven unproblematisch sein dürfte.

Zu den großen Profiteuren in einem solchen Szenario dürften die unbelasteten nordamerikanischen und südafrikanischen Konzerne gehören, die zudem über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, konkursgefährdete Unternehmen zu übernehmen und zu sanieren. Für diese Unternehmen werden sich bei einem Goldpreisanstieg unglaubliche Wachstumsperspektiven ergeben. Die beste Position dürfte Goldcorp haben, die nicht durch Vorwärtsverkäufe belastet ist und hochprofitabel arbeitet. Durch Vorwärtsverkäufe unbelastet ergeben sich hervorragende Wachstumsmöglichkeiten auch für Franco-Nevada, die auf einem enormen Cashbestand sitzt und für Meridian, deren Vorwärtsverkäufe nur einen Zeitraum von 0,7 Jahren umfassen und schnell abgebaut sein dürften. Eine sich rasch verbessernde Ertragslage wird auch bei Newmont, Homestake und Freeport zu Expansions-möglichkeiten führen. Alle 3 Werte sind nicht durch Vorwärtsverkäufe belastet. Iamgold, deren Vorwärtsverkäufe der Produktion von 1,2 Jahren entsprechen und die über eine gute Gewinnspanne verfügt, dürfte ebenfalls auf der Sonnenseite zu finden sein. Zu einem fulminanten Turnaround könnte Kinross starten, die nur mit Vorwärtsverkäufen belastet ist, die einem Produktionszeitraum von 1,0 Jahren entsprechen. Schwieriger dürfte die Situation dagegen schon bei Placer Dome sein, deren Vorwärtsverkäufe einen Produktionszeitraum von etwa 2 Jahren umfassen. Barrick, die sich mittlerweile mit Vorwärtsverkäufen belastet hat, die einem Produktionszeitraum von 3,0 Jahren entsprechen, dürfte in ihrer Bedeutung deutlich zurückfallen.

Bei den südafrikanischen Werten ergibt sich ein ähnliches Bild. Der britische Weltmarktführer Anglogold hat sich mit erheblichen Vorwärtsverkäufen belastet, die mittlerweile einem Produktions-zeitraum von 2,5 Jahren entsprechen. Für Gold Fields, die von Vorwärtsverkäufen völlig unbelastet ist, ergeben sich dagegen bei einem Goldpreisanstieg erhebliche Wachstumsmöglichkeiten. Bei Harmony ist die Situation der Vorwärtsverkäufe nicht ganz geklärt. Sie dürften etwa einem Produktionszeitraum von 1,0 Jahren entsprechen und das Unternehmen nicht daran hindern, bei einem Goldpreisanstieg erheblich weiter zu wachsen. Die Situation der Durban Roodepoort Deep ist mit der nordamerikanischen Kinross vergleichbar. Auch Durban Roodepoort Deep ist durch Vorwärtsverkäufe belastet, die der Produktion von etwa 1,0 Jahren entsprechen. Bei einem anhaltenden Goldpreisanstieg wird deshalb auch Durban Roodepoort Deep nach einer relativ kurzen Durststrecke zu einem fulminanten Turnaround ansetzen.

Zusammenfassung:
Wegen der sehr unterschiedlichen Vorwärtsverkäufe der einzelnen Goldaktien ist bei einem Goldpreisanstieg mit einer erheblichen Verschiebung der Marktverhältnisse zu rechnen. Zu den Profiteuren dürften vor allem die nordamerikanischen Goldcorp und Franco-Nevada sowie die südafrikanische Gold Fields zählen. Gute Perspektiven ergeben sich auch für die nord-amerikanischen Newmont, Freeport, Homestake, Meridian und Iamgold sowie für die südafrikanische Harmony. Zu einem fulminanten Turnaround dürfte es bei der nordamerikanischen Kinross und der südafrikanischen Durban Roodepoort Deep kommen. Durch Vorwärtsverkäufe erheblich belastet sind die nordamerikanischen Barrick und Placer Dome, die britische Anglogold und die australischen Lihir und Normandy NFM. Problematisch ist die Situation bereits bei den australischen Pacmin, Goldfields und New Hampton. Massive Probleme sind bei den australischen Normandy Mining und Delta Gold zu erwarten. Dramatisch wird sich ein Goldpreisanstieg für die australischen Hill 50, Sons of Gwalia und vor allem für Newcrest auswirken. Insgesamt kann für die großen australischen Werte eine deutlich schlechtere Entwicklung als für die nordamerikanischen und südafrikanische Werte vorausgesehen werden. Bei einem Goldpreisanstieg ist daher die Übernahme der Kontrolle wesentlicher Teile der australischen Goldproduktion durch die nordamerikanischen und südafrikanischen Konzerne zu erwarten.